Aus der FTD vom 23.3.2004
Israels Botschafter Schimon Stein weist Kritik des Westens gegen Tötung Jassins zurück
Der israelische Botschafter in Berlin, Schimon Stein, hat die "gezielte Tötung" des Hamas-Führers Scheich Ahmed Jassin gerechtfertigt. Die palästinensische Autonomiebehörde sei nicht bereit, gegen die Hamas vorzugehen, sagte er der FTD.
Financial Times Deutschland: Wieso hat die israelische Armee Hamas-Führer Ahmed Jassin getötet?
Schimon Stein: Hamas und Jassin sind für uns eine strategische Bedrohung, denn sie lehnen einen Friedensprozess ab und haben zahlreiche unschuldige Israelis auf dem Gewissen. Jassin stand für die Liquidierung des jüdischen Staates, die Einführung der Scharia und die Islamisierung Palästinas. Uns wäre es lieber, Leute wie ihn vor Gericht zu stellen, aber das geht nicht. Die Autonomiebehörde ist dazu nicht bereit und wir können es nicht.
FTD: Die internationalen Reaktionen sind sehr harsch ausgefallen. Macht sie das nicht nachdenklich?
Stein: Ich verstehe die überzogenen Reaktionen nicht. Keiner hat je reagiert, wenn Scheich Ahmed Jassin in die Kameras gesagt hat, welch großer Erfolg die Selbstmordattentate sind.
FTD: Israel fühlt sich also zu Unrecht an den Pranger gestellt?
Stein: Für den Westen ist es legitim, Bin Laden zu töten, aber Israel soll vorsichtig und rücksichtsvoll sein. Ich bin sehr traurig darüber, dass unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden. Warum? Weil es sich hier um Israel handelt? Nach Madrid ist eigentlich klar, dass der Terror Teil einer totalitären Bewegung ist, die - sei es Hamas oder al-Kaida - gegen den Westen, gegen die Juden ist. Wenn Madrid kein Weckruf war, dann weiß ich nicht, was nötig ist, damit diese Einsicht erfolgt.
FTD: Müssen Sie nicht nun mit einer neue Gewalteskalation rechnen?
Stein: Man sollte nicht so tun, als hätte Hamas sich bisher zurückgehalten. Sie bereitet ständig Anschläge vor, nicht erst durch die heutige Aktion. Wir gehen davon aus, dass sie ihren bewaffneten Kampf gegen den Staat Israel fortführen.
FTD: Ist nun nicht auch die Autonomiebehörde geschwächt?
Stein: Wir würden einen großen Schritt voran kommen, wenn die palästinensische Führung es in ihrem Interesse sähe, dass friedensfeindliche Organisationen geschwächt werden. Bisher aber sehen sie Hamas nicht als Gefährdung. Es kann nicht sein, dass 20.000 Polizisten im Gazastreifen nicht wagen, gegen die Hamas vorzugehen.
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